Great Walk - Tongariro Northern Circuit

Nach fünfzig Kilometer in vierzehn Wanderstunden, vielen Schweißperlen, drei Blasen am Fuß, zwölf Müsliriegeln, fünfhundert Gramm Rosinen, fünfhundert Gramm Datteln und genauso vielen Erdnüssen und zwanzig Packungen Instant China Nudeln später, stehen wir wieder an unserem Van.

 


Achtung! Achtung! Es folgt eine gewaltige Bilderflut.

 

Mit glücklich, grinsend und geschafften Gesichtern.

Unsere erste mehrtägige Wanderroute haben wir absolviert und es war phänomenal. Mit so viel Freude und Begeisterung haben wir nicht gerechnet. Wir geben es zu, kaum sind wir fertig gewandert, überlegten wir welche Route als nächstes in Frage käme.

Der Tag vor unserem Start waren wir beide sehr seeeehr aufgeregt. Wir wussten nicht was auf uns zu kommt, ob unsere Rucksäcke zu schwer sind, wir etwas lebensnotwendiges vergessen, ob wir von unserem portioniertem Essen satt werden und vor allem ob wir Glück mit dem Wetter haben.

 

Tag Eins

 

Distanz: 8,5km

Start: unser Auto im Whakapapa Village 

Ziel / Höhenmeter: Mangatepopo Hütte / 1210m 

Dauer: 3Stunden 20Minuten

 

Mit aufgehender Sonne krabbeln wir aus den Federn. Genau genommen sind unsere Schlafsäcke mit Entenfedern gefüllt. Was wärmen die uns jede Nacht!

Die Zähne werden schnell geputzt, die restlichen Sachen zusammen gesucht und schon kehren wir dem Lake Taupo für einige Tage den Rücken. Auf geht’s! Das Abenteuer Mehrtages-Wanderung zwischen Vulkanen und Lava Landschaft ruft nach uns.

Geplant haben wir ungefähr fünfzig Kilometer in vier Tagen zu wandern. Sollte zu schaffen sein! Für alle drei Nächte reservierten wir unsere Zeltplätze online.

Was halt alles so mit muss. Unten links siehst du unsere Frühstücks- und Energie Beutel
Was halt alles so mit muss. Unten links siehst du unsere Frühstücks- und Energie Beutel

Wo genau wir sind?

Im ältesten Nationalparks Neuseelands, der sich im Zentrum auf der Nordinsel befindet – Tongariro Nationalpark. Der Park gehört zum Weltkulturerbe und beherbergt drei aktive Vulkane. Bekannt wurde er erst so richtig durch die Filme „Herr der Ringe“, die unter anderem hier gedreht wurden.

 

Im Nationalpark angekommen, registrieren wir das Auto in der Touristen Information, erkundigen uns nochmals nach dem Wetter und frühstückten erstmal. Unser Tässchen Kaffee fällt leider aus, zu groß ist die Nervosität. Da wären wir über den Weg geflogen. Puh. Wir guckten uns an. Es wird ernst. „Notfall Pflaster brauchen wir nicht, oder? Wir haben doch die besten Wanderschuhe!“, rief ich Enno zu, während ich den Erste Hilfe Beutel wieder zurück an seinen Platz legte. In meinen Gedanken bestätigte ich natürlich einfach die Frage.

Zu gern hätten wir gewusst, mit wieviel Gepäck wir los marschieren. Enno hat geschätzte zwölf Kilo auf dem Rücken und ich ungefähr neun Kilo. Am dritten Tag haben wir sogar ein Lob über unsere klein gepackten Rucksäcke erhalten. Das macht uns schon etwas stolz.

Das Startbild!
Das Startbild!

Bei strahlendem Sonnenschein starten wir. Hoch motiviert geht es über Schotterwege, inmitten wilder Graslandschaft und zur rechten Hand immer der Mount Ngauruhoe, einer der drei höchsten Berge Tongariros mit 2291m.

Das Gefühl mit halbwegs angenehmen Gewicht zu laufen, fühlt sich gut an. Es wirkt nicht zu unangenehm auf der Hüfte und Steigungen sind gut zu meistern. Bergab macht sich das zusätzliche Gewicht auf den Knien bemerkbar.

 

Nach zwei Stunden machen wir eine kleine Pause und genießen unsere voll gepackten Energie Beutel. Während wir genüsslich vor uns hin naschen, kreisen die nackigen Füße an der frischen Luft rum. Nur wenige Leute begegnen wir, manche mit glücklichen Gesichtern andere wiederum, bringen große Abgeschlagenheit zum Ausdruck.

Mount Tongariro, mit 1978m
Mount Tongariro, mit 1978m

Am frühen Nachmittag kommen wir an der ersten Hütte an. Zufrieden und ein wenig kaputt. Wir laufen einmal um die Hütte, bis wir auf dem Zeltplatz stehen. Das Zelt ist schnell auf gebaut. Damit wir uns nicht blamieren, wurde es einige Tage vorher Probe aufgestellt. Wir wollen ja wie Profis wirken!

Brrr. Die Sonne verabschiedet sich recht schnell und schickt die Kälte. Wir begrüßen das Treiben in der Hütte, die mit ihrem Gasofen viel zu warm ist. Gleichgesinnte kochen, spielen Karten an den Holztischen und erzählen sich ihre Geschichten. In jeder Hütte wohnt ein Hütten Wart, der das Gewusel im Auge hat und jeden Abend zur Hütten Runde einlädt. Währenddessen warten wir bis unser Wasser für die Wärmflaschen kocht. Wir hören den Wasserkessel pfeifen, füllen das Wasser um und ziehen uns in die Dunkelheit zurück.

„Träum hart, von weichen Betten.“, wünsche ich Enno und wir lachen gemeinsam. Es war verdammt hart! In der Nacht haben wir nichts mehr zu lachen. So ist das eben, wenn man sparen möchte und sich die dünnsten, unisoliertesten und günstigsten Isomatten kauft. Mit Schmerzen an Hüfte und Rücken, wissen wir, wer günstig kauft – kauft zweimal.

 

Tag Zwei

 

Distanz: 14km

Start: Mangatepopo Hütte

Ziel / Höhenmeter: Oturere Höhe /1360m

Dauer: 7Stunden 25Minuten

Startbild Tag Zwei!
Startbild Tag Zwei!

Die Nacht war trotz der spürenden Kälte vom Boden, warm. Von Kilometer und Höhenmeter gesehen, ist heute unser anstrengendster Tag. Später als geplant laufen wir los und spüren sofort, das dies der beliebte Abschnitt der Tagestour ist, die unsere Wege kreuzt. Die Tagestour ist achtzehn Kilometer lang und in der Hauptsaison kann es vorkommen das bis zu sieben hundert Leute auf der Strecke sind.

Red Crater
Red Crater

Das musst du dir auf der Zunge zergehen lassen. Über siebenhundert Leute auf einer Tageswanderung! Wir haben Glück, es sind deutlich weniger unterwegs. Jedoch fühle ich mich des öfteren von hinten bedrängt, ärgere mich sehr über die Respektlosigkeit anderer Menschen gegenüber schwächeren. Dieser Abschnitt ist wirklich sehr anstrengend und herausfordernd, vor allem was die Höhe angeht. An einigen Stellen habe ich es mit meiner Höhenangst zu tun, da die Wege sehr steil und durch das Geröll unsicher und rutschig erscheinen.

 

An jeder neu erklommenen Spitze, machen wir kurze Pausen und Naschen aus dem Energie Beutel. Der gefüllt mit Datteln, Rosinen, Erdnüssen und Müsliriegeln ist. Wir sind kurz davor den höchsten Punkt zu besteigen. Der Wind pfeift kalt und wir ziehen Mütze und Handschuhe über.

Na, siehst du ihn…??
Na, siehst du ihn…??
..den Enno!
..den Enno!

Der Ausblick ist unbeschreiblich. Vielleicht kannst du auf den Bildern die Faszination Natur etwas nach voll ziehen.

Es ist nicht einfach ein halbwegs windarmes Plätzchen zu finden. Wir setzen die Rucksäcke ab und lassen erstmal unsere Schultern kreisen.

Die Tassen werden neben dem Gaskocher abgestellt. Zum Mittag stehen Instant Nudeln auf dem Speiseplan. Yeah. Naja, geht so. Im Laufe der Zeit sättigen sie uns nicht mehr wie erhofft.

Nach einer langen Pause und intensiven Gipfel Genuss, treten wir den letzten Abschnitt für heute an. Wir werden noch ungefähr zwei Stunden bergab bis zur nächsten Hütte, vorbei an Lavagestein, laufen.

Am Abend haben wir leider die Hüttenrunde verpasst. Die Hütte ist noch kuschliger als die erste. In dieser stehen einige Betten direkt in der Küche. Die Hochbetten sind übrigens wirkliche Bretterverschläge mit einer einfachen Matratze. Mit den Wärmflaschen am Bauch laufen wir zurück zum Zelt. Diese Nacht ist kälter, mit einem atemberaubenden sternenklaren Himmel. Wunderschön anzuschauen.

Einfach nur WOOOW.
Einfach nur WOOOW.

Tag Drei

 

Distanz: 7,5km

Start: Oturere Hütte 

Ziel / Höhenmeter: Waihohonu Hütte / 1100m 

Dauer: 3Stunden 20Minuten

Startbild Tag Drei!
Startbild Tag Drei!

Enno zieht und zieht immer wieder am Reißverschluss des Zeltes. Ich versteck mich noch komplett bedeckt im Schlafsack. Die Sonne ist kurz vor’m aufgehen und zack – da springt der Frost vom Reißverschluss und Enno schlüpft in seine Wanderschuhe. Er beobachtet beim ausatmen, seine Luft. Eiskalt ist es am Morgen. In der Nacht haben wir unsere Wärmflaschen erneut erhitzt.

Er schnappt sich Winterjacke, Kamera und ist für den Sonnenaufgang gewappnet. Es soll der schönste im Nationalpark sein. Wenn du dich umdrehst, kannst du beobachten wie sich der Vulkan rot färbt, ähnlich wie beim Ayers Rock in Australien. 

Irgendwann traue auch ich mich raus. Heute werden wir nicht lange unterwegs sein und so bummeln wir rum und genießen unser Frühstück in der Sonne auf 1360m Höhe. Nachdem das Zelt getrocknet und alles gepackt ist, wandern wir los.

Wer kann mir jetzt bitte einen Cappuccino bringen??
Wer kann mir jetzt bitte einen Cappuccino bringen??

Der Wind pfeift und die Blasen drücken an den Füßen. Wie war das mit dem Erste Hilfe Päckchen? Gut das andere Leute alles mit dabei haben. An der dritten Hütte angekommen, steche ich meine Blasen auf und humple. Na klasse! Was soll das Morgen nur werden?! Vermutlich waren die falschen Socken schuld, die Schuhe sind wirklich die besten!!

Auf dem Weg heute, überquerten wir einige male kleine Flüsse und waren erstaunt wie abwechslungsreich die Vegetation wird. Zwischendurch hat Enno meinen Rucksack neu eingestellt, da die Haut an meinen Hüftknochen etwas wund wurde.

Der letzte Zeltplatz ist etwas abseits der Hütte, direkt am Fluss.

Da es recht schnell kalt wieder wird, verkrümeln wir uns in die warme Hütte und genießen das Gemurmel der Hüttenfamilie. Man fühlt sich bei allen Willkommen. Jeder hat den gleichen Weg, macht ähnliches durch und hat viele viele Wanders Geschichten die er teilen möchte. Unsere letzte Hüttenrunde ist die schönste. Der Wart lässt jeden erzählen woher er stammt und informiert mit Wissenswertem aus dem Nationalpark. Zum Beispiel werden die Toiletteninhalte mit einem Großeinsatz von Helikoptern geleert, usw.

Uns fallen die Augen zu und so laufen wir mit den Wärmflaschen an den Bäuchen, in der Dunkelheit, runter zum Zeltplatz.

„Träum hart, von weichen Betten.“.

 

 

Tag Vier 

Distanz: 15,5km 

Start: Hütte Waihohonu 

Ziel: unser Auto 

Dauer: 4Stunden 20Minuten

Startbild Tag Vier!
Startbild Tag Vier!

Die letzte Nacht war sehr hart und kalt. Wieder erneuerten wir unsere Wärmflaschen und wechselten gefühlt alle zehn Minuten die Position, weil Hüfte und Rücken so schmerzten. Mit dicken und müden Augen, packten wir alles zusammen und frühstückten in der warmen Hütte.

Der letzte Tag. Irgendwie schade. Da alles so viel Freude macht.

Der Wetter Bericht sagt Regen voraus und wir erblicken am Himmel die ersten dunklen Wolken.

Wir wandern bei starken frischen Wind los. Ich schwitze und friere gleichzeitig.

Der Weg schlängelt sich am Fluss entlang und wir müssen immer wieder bergauf und -ab laufen. Die Landschaft um uns herum, wirkt wie eine Graswüste.

Irgendwas zieht uns, wir sind zu schnell unterwegs. Ich spüre meine Beine, den Schmerz von den letzten Tagen und die Müdigkeit.

Wir machen kurze knackige Pausen. Irgendwann wollen die Beine plötzlich nicht mehr. Ich fühle mich richtig kraftlos und mir ist zum heulen und merke das wir die letzten Kilometer übertrieben haben. Erschöpft lasse ich mich auf einer kleinen Brücke nieder und lass die Füße baumeln. Enno kramt unsere letzten Müsliriegel aus den Rucksäcken und reicht mir einen.

Nach einer langen Pause, setzen wir gemütlich unseren Weg fort.

Schon bald erblicken wir in der Ferne das hohe Hotel in der Nähe unseres Autos. Wir fangen an zu strahlen, denn es bedeutet das wir es gleich geschafft haben.

In einer Rekordzeit erreichen wir unser Van.

 

Glücklich, erschöpft und unglaublich froh diese Erfahrung erlebt zu haben.

Wir haben es geschafft!!
Wir haben es geschafft!!

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Kommentare: 2
  • #1

    Peter (Samstag, 24 Juni 2017 03:31)

    Cooler Bericht

  • #2

    Nora (Freitag, 07 Juli 2017)

    Wow, richtig schöne Bilder und eine tolle Strecke!